Die Menschen nehmen wie sie sind
Ulrike Berens bietet Senioren Lebensfreude und Hilfen im Alltag
Von DIETMAR FRATZ

Ulrike Berens gab ihren gut bezahlten Beruf auf, um künftig die Lebensqualität
alter Menschen zu steigern. Unterstützt wird sie dabei, wenn gewünscht, von
Labrador Marie und Dackel Biene.
(Foto: Fratz)
Bergheim-Glessen. Marie und Biene sind ein ungleiches Paar. Der gemütliche
Labrador und die wuselige Rauhaardackel-Dame sind die einzigen Mitarbeiterinnen
in Ulrike Berens' junger Firma "Lebensfreude im Alter", die für Senioren mit
körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen Lichtpunkte in den Alltag bringen
will.
Oft haben die älteren Semester in Einrichtungen oder auch in ihrer Wohnung nicht
die Möglichkeit, sich größere Wünsche zu erfüllen oder fühlen sich schlicht
einsam. Berens spürt in Gesprächen den Wünschen und Nöten nach und sinnt
gemeinsam mit den Betreuten auf Abhilfe. Oft nimmt sie dabei einen oder beide
Hunde mit. "Da leuchten mache Augen schon auf, wenn die Hunde Bewegung in den
Alltag bringen", weiß Berens, dass der Besuch der Hunde oft wie eine
Seelenmassage wirkt.
Schon vor Jahren verspürte die 43-Jährige, seit einigen Monaten professionelle
Seniorenbegleiterin das Bedürfnis, sich ehrenamtlich um Menschen im Altersheim
zu kümmern. Als gelernte Hotelkauffrau verdiente sie später in der IT-Branche
und im Marketing zwar nach eigener Einschätzung "viel Geld", hatte aber auch
wenig Zeit. "Geld kann nicht alles sein im Leben", erkannte sie und suchte nach
einem "erfüllten Leben trotz finanzieller Einschränkungen".
Den letzten Anstoß gab der gebürtigen Gelsenkirchenerin, die seit drei Jahren in
Glessen wohnt ("Ich wollte aufs Land, auch wegen der Hunde, die ich liebe") ein
doppelter Oberschenkelhalsbruch der Mutter. Bei deren Betreuung erfuhr sie vom
bis dahin geheimen Lebenswunsch der Mutter: Einmal im Leben nach Amerika. Sie
organisierte eine rollstuhltaugliche Rundreise durch die Staaten. Danach gab sie
ihren Job endgültig auf.
Viele Kontakte ergaben sich danach zufällig oder durch Betreuungstätigkeiten in
Seniorenheimen. So hatten Bekannte ein schlechtes Gewissen, weil sie sich
eigentlich zu wenig um den Vater kümmern konnten. Ulrike Berens kam vorsichtig
mit dem 86-jährigen Senior ins Gespräch. "Es muss passen, man muss sich
sympathisch sein", ist ihre Bedingung. Schnell kristallisierte sich heraus, dass
der alte Herr ein Jazz-Fan ist. Sie organisierte und begleitete Besuche zu
Jazzkonzerten, die er sich nach ihren Vorschlägen ausgesucht hatte.
Oft sei es aber auch nur ein Spaziergang, der den Älteren zeige: "So trist muss
der Alltag gar nicht sein". Abwechslung schafft auch ein Einkaufsbummel, ein
Besuch im Café oder ein Computerkursus. "Ich höre gerne die Geschichten, die die
Menschen von früher zu erzählen wissen", räumt Berens ein, dass sie durch ihre
Arbeit auch für sich selbst ein Stück Lebensqualität erhält.
"Man muss die Menschen respektieren und so nehmen wie sie sind". Dazu gehöre
auch, dass man an manchen Tagen bei dem Versuch, Menschen aus ihrer Lethargie zu
holen, scheitere. Fehlende Perspektiven führten häufig zu Depressionen, gegen
die man nicht immer ankomme.
Oft sind alltägliche Probleme zu lösen, wie "Papierkram, Arztkontakte oder
verbummelte Zähne" zeigt die Seniorenbegleiterin das breite Betätigungsfeld auf.
Der Lohn ist neben frohen Gesichtern ein schmales Budget von monatlich 200 Euro,
dass Demenzkranke für Zusatzbetreuung von der Krankenkasse bekommen. Daher ist
Berens verstärkt auf private Aufträge angewiesen. "Sonst bleiben nur ein paar
Stündchen im Monat. Das schafft nur schwer Vertrautheit", bedauert sie den
Spagat zwischen den Bedürfnissen ihrer Kunden und der Tatsache, dass die junge
Firma sie schließlich ernähren muss.
Bei privat betreuten Demenzkranken bietet sie ihre Hilfe auch kurzzeitig an, um
die Angehörigen für ein paar Stunden zu entlasten. Prinzipiell legt Berens aber
Wert auf individuelle und kontinuierliche Betreuung. "Das hat etwas mit
Wertigkeit zu tun", begründet sie ihr Engagement.
Individuell werden auch Biene und Marie betreut, wenngleich sie am liebsten
alles gemeinsam machen. 40 Kilometer, die die ehemalige Leichtathletin pro Woche
joggend zurücklegt, machen beide trotz unterschiedlich langer Beine ebenso
freudig mit wie die Besuche bei den Senioren.
www.lebensfreude-imalter.de
Kontakt
Lebensfreude im Alter
Zur Glessener Höhe 30a
50129 Bergheim
Telefon: +49 2238 8468244
Mobil: +49 157 85038904
E-Mail:
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Quelle: KR 31.12.2011 (Print) |