Stadtrat sucht den Rat der Berater
KR 09.05.07
VON REGINA BAPPERT
BERGHEIM. Einen neuen Arbeitsstil hatte die CDU-Fraktion zu Beginn der
Wahlperiode angekündigt. "Wir wollen mit allen sprechen und alle Ideen
prüfen, ohne sie sofort abzulehnen", hatte der stellvertretende
Fraktionsvorsitzende Johannes Hübner im Oktober 2004 versprochen. Das kam
nicht überraschend, denn für eine alleinige Mehrheit hatte die CDU schlicht
nicht genug Sitze im Stadtrat. Also musste sie mit den anderen Parteien
reden - aber gleich mit allen?
Doch schon wenige Tage später kristallisierte sich dann eine Zusammenarbeit
zwischen CDU, bma, FDP und UBB heraus. "Das ist keine Koalition",
versicherte der neue CDU-Fraktionschef Franz-Josef Düchting. Man treffe sich
nur einmal die Woche zu Gesprächen. "Partner" seien sie, meinte der
Vorsitzende der bma-Fraktion, Helmut Tillmanns. Der UBB-Ratsherr Ingo
Schaefer sprach von einer "vertrauensvollen Zusammenarbeit." Dabei blieb es
auch, als nach Auflösung der UBB nur noch drei Fraktionen zur Partnerschaft
gehörten.
Grüne und SPD merkten rasch, dass es auf ihre Meinung nicht ankommt.
SPD-Fraktionschef Kai Faßbender: "Wir haben begriffen, dass wir in diesem
Stadtrat in der Opposition sind."
Und der Fraktionschef der Grünen, Reinhard Jütte, bilanziert: "Diese
Ratsmehrheit ist genauso arrogant und ignorant gegenüber den
Minderheitsfraktionen wie es früher die SPD war".
So weit, so normal. Dennoch gab es durchaus Entscheidungen, die von allen
Parteien getragen wurden. Dazu gehörte die rasante Einführung von
Ganztagsangeboten in allen Grundschulen, das Bäderkonzept oder das
Stadtteilerneuerungsprogramm Süd-West. Einig sind sich die Parteien, dass
sie für die Bürger nur das Beste wollen. Für die schwarz-blau-gelben Partner
CDU, bma und FDP ist das Beste ein ausgeglichener Haushalt.
Um dieses Ziel zu erreichen, haben sie viel getan: Grund- und Gewerbesteuer
erhöht, Parkgebühren eingeführt, Nutzungsentgelte für städtische Räume
erhoben, Öffnungszeiten der Bäder eingeschränkt, zwei Bauhöfe
zusammengelegt, Kinderspielplätze zu Baugrundstücken erklärt und mehr.
Die Haushaltsbilanz ist inzwischen wieder ausgeglichen, was aber auch daran
liegt, dass RWE Power wieder Gewerbesteuer zahlt. Dass dem Rat und der
Stadtverwaltung nicht die Ideen ausgehen, dafür sorgt in Bergheim die Zunft
der Unternehmensberater.
Ob demographischer Wandel, Schaffung von Krippenplätzen, neuer Schichtplan
für die Rettungswache oder die Sauberkeit von Toiletten, kein Thema ist zu
läppisch oder zu verschwommen, dass die Stadt nicht bereit wäre, dafür
externen Sachverstand einzukaufen.
Das nächste Gutachten - eine etwa 80 000 Euro teure Untersuchung, wo die
Stadt noch mehr sparen kann, soll demnächst in Auftrag gegeben werden. So
eine Streichliste liegt ganz auf der Linie des "betriebswirtschaftlichen
Denkens", das nach Meinung der Mehrheitspartner in der Stadt mehr Raum
greifen soll.
Ein Blick in die Nachbarstadt Brühl und deren Erfahrung mit einem ähnlichen
Gutachten einer Consulting-Firma lässt vermuten, dass sich in Bergheim die
politischen Auseinandersetzungen in den nächsten zweieinhalb Jahren
verschärfen werden.
Denn Unternehmensberater raten Städträten auch nichts anderes als
Konzernvorstände: massiven Abbau von Arbeitsplätzen, Einschränkung von
Serviceleistungen, Senken sozialer Standards. Alles Steilvorlagen für die
SPD, die Grünen - und demnächst wohl auch die Linke - vor der nächsten
Kommunalwahl.
Quelle:
http://www.rundschau-online.de
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