Ein Exil für die Kölner
Ein Exil für die Kölner VON RALPH JANSEN, 24.01.07, 09:49h Lebten Ende des 19. Jahrhunderts in Glessen gut 1000 und auch nach dem Zweiten Weltkrieg nur etwa 1500 Menschen, so sind es zurzeit 5644. Der Ort soll noch ein Stück weiter wachsen. Ein großes Gebiet an der Dansweiler Straße steht zur Bebauung an. Doch das Bevölkerungswachstum der vergangenen Jahrzehnte wird im Ort unterschiedlich aufgenommen. Heidi Bent und Anneliese Juris leiten zusammen die Betreuung der Rochusgrundschule in den Räumen der Alten Schule an der Hohe Straße. Dort hat Anneliese Juris noch selbst die Volksschulbank gedrückt. Auch ihre Kinder gingen dorthin. Seit 25 Jahren arbeitet sie als Reinigungskraft in der Schule.
Der Kölner Thomas Freyhardt (u.) hat sich mit seinem Marmorfachgeschäft in Glessen niedergelassen, Rainer Gill betreibt dort einen Weinhandel.
Mitten im Ort Sie ist der Meinung, dass Glessen ein gutes Stück seiner Dorfatmosphäre eingebüßt habe: „Glessen ist eine Schlafstadt geworden, wo die Leute am Wochenende joggen, radeln und skaten. Außerdem gibt es schon fast zu viele Hunde und Pferde hier. Früher hat jeder jeden gegrüßt. Das ist nicht mehr so.“ Kollegin Heidi Bent widerspricht: „Ich bin von Köln aus hierhergezogen. Mir gefällt gerade diese Mischung in Glessen. Es mag zwar nicht mehr so dörflich sein wie früher, aber Glessen liegt in schöner Umgebung. Außerdem ist man schnell in Köln, und die Leute schauen deshalb hier im Ort auch über den Tellerrand hinaus. Besonders für die Jugendlichen müssten aber die Busverbindungen besser sein.“ Ähnlich sieht es Doris Slani. Sie ist Leiterin des städtischen Kindergartens Rasselbande, einer von drei Kindergärten in Glessen. Sie wohnt selbst seit 35 Jahren im Ort: „Ich finde schon, dass es hier eine gute Gemeinschaft gibt, das merkt man bei der Seniorenfeier genauso wie bei der Kindersitzung.“ Die Kombination aus „Nähe zur Großstadt, Natur und Dorfgemeinschaft“, aber auch die Bereicherung des Dorflebens „durch die vielen Exil-Kölner“ machen ihrer Meinung nach den Reiz aus: „Und gerade die jungen Eltern, die hierhinziehen, engagieren sich beispielsweise sehr in unserem Kindergarten.“ Bei Umbauten packten viele mit an, und auch beim regelmäßigen Waldspaziergang machten Eltern mit. Schöner Flecken Auch Christian Trier empfindet Glessen als „schönen Flecken“: „Natürlich hat der Ort sich sehr stark entwickelt. Das hat seine Vor- und Nachteile. Der Erlebnisbauernhof gleich neben dem Golfplatz Fliesteden etwa bringt natürlich wieder zusätzlichen Verkehr in den Ort. Aber gleichzeitig ist er natürlich auch eine schöne Attraktion für Kinder.“ Er fühle sich aber sehr wohl im Ort. Schulausschuss und Rat haben jüngst beschlossen, dass die lange Zeit geteilten dreizügige Grundschule für rund 500 000 Euro am Standort Wierichskamp ausgebaut wird. Dort soll auch Raum für das Jugendzentrum Checkpoint und eine Offene Ganztagsgrundschule geschaffen werden. Bedarf für eine dreizügige Grundschule gibt es nach Ansicht eines unabhängigen Gutachters dauerhaft allerdings nur, wenn in Glessen in Zukunft nicht nur das große Baugebiet an der Dansweiler Straße, sondern auch noch andere ausgewiesen werden. Um die Zukunft Glessens besser einschätzen zu können wurde für Glessen, als erstem Stadtteil von Bergheim, in jüngster Zeit durch die Verwaltung eine Entwicklungsplanung ausgearbeitet. Sie prognostiziert für 2010 eine Einwohnerzahl von 6013. Dazu sollen südöstlich des Gewerbegebietes etwa 230 Menschen und südlich des Gewerbegebietes und der Landstraße 213 noch einmal 230 Einwohner angesiedelt werden. Langfristig soll so die Einwohnerzahl von 6000 gesichert werden. Die Stadtverwaltung wird diese Entwicklungsplanung am Mittwoch, 7. Februar, 19.30 Uhr, in der Mehrzweckhalle vorstellen. Weil mehr Baugebiete auch mehr Verkehr bedeuten, fordern die Bürger, die Politik und die Lokale Agenda seit Jahren für den Ort eine Umgehungsstraße. Die Städte Pulheim und Bergheim streben nun eine Sonderuntersuchung an, damit das Land die Umgehungsstraße möglichst bald baut. Ortsvorsteher Kurt Wilhelm Büchel ist hingegen skeptisch: „Die Grundstückspreise in Glessen sind hoch, weil es kaum städtische Flächen gibt. Wo sollen denn die jungen Familien in unserem Ort günstiges Bauland herbekommen? Wenn die Stadt nicht wieder anfängt, selbst Bauland zu entwickeln, dann bleiben die Bevölkerungsprognosen für Glessen Wunschträume.“ Noch immer schieben sich in den Stoßzeiten Autoschlangen über die Hohe Straße, die Brauweiler Straße und die enge Straße Im Tal. Viele Pendler fahren morgens und abends an Renate Maxeraths Frittenbude am Ortsausgang Richtung Brauweiler vorbei. Für sie und andere Gewerbetreibende hat der Verkehr auch gute Seiten. Dass so viele von den Pendlern anhalten, führt die Metzgersfrau nicht nur auf ihre gute Wurst zurück: „Unsere Currysauce ist was ganz Spezielles. Die machen wir selbst. Viele halten nach der Arbeit an und gönnen sich so eine Wurst - und am Ende trinken sie die Sauce aus dem Schälchen aus.“ Klaus Milewski weiß nicht nur die Currywurst zu schätzen. Er stammt aus Glessen und macht im Gewerbegebiet seine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker: „Hier ist nicht alles so verfremdet wie in der Großstadt. Es gibt eine positive Nachbarschaft und ein ehrliches und gutes Verhältnis der Menschen untereinander.“ Auch in den Vereinen werde wertvolle Arbeit geleistet, sagt der Ortsvorsteher. Ganz in der Nähe kümmert sich Rainer Gill um andere Gaumenfreuden. Schon sein Großvater war Kellermeister. Er selbst hat nicht nur im Ahrtal Winzer und Küfer gelernt, sondern ist auch ausgebildeter Önologe: „Die Liebe hat mich hierhin verschlagen.“ Deshalb hat er den Weinbergen Adieu gesagt. Im Glessener Gewerbegebiet hat er einen Weinhandel mit angegliedertem Online-Shop aufgemacht. Er profitiert von dem Verkehrsreichtum des Ortes, weil viele Pendler, aber auch das „ausgesprochen fachkundige örtliche Wein-Publikum“ seine Beratung über Produkte aus aller Welt zu schätzen wissen. Marmor und Edelstahl Als Unternehmer hat auch Thomas Freihardt Glessen entdeckt. Im Gewerbegebiet produziert der Kölner Dekorationen aus Marmor und Edelstahl und beliefert von dort aus Fliesen- und Möbelfachgeschäfte mit hochwertigen Bodenbelägen: „Wir kommen hier mit dem Lastwagen gut an das Gewerbegebiet heran und können von Glessen aus den Fachhandel sehr gut beliefern.“ An der steilen Straße „Sommerhaus“ fällt das Gebäude mit der Nummer 41 besonders ins Auge. Dort betreibt Professor Gynter Mödder sein „Mauseum“, das „erste Mäusemuseum nördlich des Südpols“. In seinem Privathaus hat Mödder Mäuse gesammelt, Figürchen aus Murano-Glas, aber auch winzig kleine Bastel-Mäuse aus Kernen und Faden finden sich dort. Von Zeit zu Zeit veranstaltet Literatur-Liebhaber und Autor Mödder im Mauseum auch Lesungen mit Autoren wie etwa Günter Wallraff. Klaus Zellerhoff von der Lokalen Agenda sieht für Glessen eine gute Perspektive: „Im Rahmen der Regionale 2010 soll etwa der Glessener Bach renaturiert werden. Das ist für den Schutz der Natur rund um den Ort ein wichtiger Schritt.“ http://www.ksta.de/jks/artikel.jsp?id=1162473308416 Kommentar: Die bisherigen Entscheidungsträger
im Regionalrat und Landtag haben die Teil-Umgehung mit der Bewertung 5 (= keine
Einplanung) vorgesehen. Soll uns denn nun allen Ernstes vermittelt werden, dass
durch die Sonderuntersuchung eine "Superbewertung" und damit wesentliche höhere
Einstufung erzielt wird ? Auch die heiße Luft der CDU Stadträte Keller und Paul,
die sich mit Gesprächen auf allen Ebenen rühmen und auch Jürgen Rüttgers als
Gesprächspartner anführen, führt zu keiner anderen Bewertung nach IGVP bzgl. der
Teilumgehung. Nehmen wir einmal an, dass die
Sonderuntersuchung zu dem gewünschten Ergebnis und der gewünschten hohen
Bewertung kommt, dass eine solche Straße für Glessen richtig und wichtig ist.
Dann muss aber der Hinweis gestattet sein, dass der Gutachter der
Sonderuntersuchung die Bewertung nach dem IGVP nicht ersetzen kann, sondern
allenfalls eine Empfehlung aussprechen kann. b) aber auch der Entscheidungszeitraum berücksichtigt werden; nach § 1 Abs. 4 Landesstraßenausbaugesetz hat erst nach 5 Jahren eine Fortschreibung zu erfolgen (also erst in 2011 !) Das wäre eine zu berücksichtigende Stellgröße. c) Weiterhin wäre dann - wenn die Umgehungsstraße maßnahmenrelevant ist - weitere planungsrechtliche Schritte erforderlich, die wiederum Jahre nach sich ziehen. Liebe Glessener, merken Sie nicht,
wie uns hier die Kommunalpolitiker vor Ort verschaukeln ?
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